Pferdeprozession

Die Giershagener Pferdeprozession

Im Jahr 1709 herrschte in weiten Teilen Deutschlands die Pferdepest. Darum legten die Bauern in Giershagen das Gelübde ab, jedes Jahr eine Pferdeprozession durchzuführen, denn ein Arbeits-Pferd war für jeden Betrieb Überlebens wichtig.

Diese Pferdeprozession wurde bis zum Jahr 1967 durchgeführt und nach einer Unterbrechung von 29 Jahren im Jahr 1996 wieder belebt.

Für diese Prozession die am 2. Sonntag nach Ostern (Heiligentracht genannt) stattfindet, wurden die Pferde schon am Vortag hergerichtet. Die Hufe wurden mit Wagenfett geschwärzt und die Pferde wurden mit Öllappen auf Hochglanz gebracht.

Um dieses Brauchtum zu erleben strömten an diesem Sonntag, nicht nur die Reiter, sondern auch viele Zuschauer von nah und fern herbei. Schon in der Früh um 6 Uhr (jetzt 10.00 Uhr) versammelten sich die Rosse und Reiter, auch aus Nachbarorten, auf dem Kirchplatz.

Dort wurden alle vom Pfarrer gesegnet.

Den vordersten Reitern übergab der Pfarrer das große Osterkreuz und die Fahnen.

     

Die Prozession setzte sich daraufhin in Doppelreihen wohl geordnet, unter dem Geläut der Glocken, in Bewegung

 

Durch die erwachende Frühlingsnatur bewegt sich der Zug hinunter zur Kluskapelle, die ca. 1 km unterhalb des Dorfes liegt.

    

Zuerst singen die Reiter ein Osterlied: Ist das der Leib, Herr Jesu Christ… Es folgt ein Sakramentslied: Laßt, Christen hoch den Jubel schallen … Das dritte Lied hat Gottvertrauen zum Inhalt: O mein Christ, lass Gott nur walten…

Bei der Klus, dem herrlichen Friedhof mit der altehrwürdigen Kluskirche, die jahrhundertelang die Pfarrkirche des untergegangenen Dorfes Niederupsprunge war, wird die erste Station gehalten.


Anfang der 50er Jahre

 

Hier beten die Reiter zwei „Vaterunser“ um Bewahrung vor der Pest und anderen Seuchen der Pferde mit dem Zusatz: Dass du uns vor Seuchen unter dem Pferdebestand bewahren wollest. Ein weiteres „Vaterunser“ wird für die amen Seelen gebetet.

Von der Kluskirche geht es weiter, vorbei am Waldweg der zum ehemaligen Pferdefriedhof führt, am Buchholz entlang bis hin zum „Silberbach“.

   

An dem Bildstock, der, von der in Giershagen beheimateten Bildhauerfamilie Papen 1692 gestaltet wurde, wurde die Lauretanische Litanei gebetet. Dabei werden die Gottesmutter und alle Heiligen um Fürsprache bei Gott gebeten, ebenso für die Pferde und alles Vieh im Stall, auf dass Ross und Reiter von Seuchen, Krankheiten und allen Gefahren für Leib und Leben verschont bleiben.

Auf dem Weg zur dritten Station, durch einen von beiden Seiten mit Wald bewachsenen ordentlichen Anstieg, hinauf zur Rische, denkt die Prozession – wie könnte es anders sein – der Gottesmutter mit dem Lied: O Jungfrau, wir dich grüßen…

am „Kahlen-Kopp“ ca. 1955 am „Kahlen-Kopp“ ca. 50 Jahre später –  mit Lärchenbestand

 

  

 

 

Nach den Gebeten an der dritten Station, gedenkt man auf dem Weg zum Knapp der Ortspatrone Fabian und Sebastian mit dem Lied: Zu dir schick ich mein Gebet, das um deine Hilfe fleht, Heiliger Sebastian…

   

Bei der Station am Knapp, wird ein Gebet um Gedeihen der Feldfrüchte gebetet.

Zum Ausgangspunkt der Prozession führte nun der Weg zurück zum Kirchplatz. Mit dem Choral „Großer Gott wir loben dich“ und unter Glockengeläut kamen die Reiter wieder an der Kirche an. Die Kirchgänger, die damals zur Frühmesse gingen hörten in der dörflichen Stille des Sonntagmorgens Pferdegetrappel, das aber übertönt wurde vom Gesang der Männer.

 

Nachdem das Kreuz feierlich dem Pfarrer zurück gegeben war, wurden die Pferde, die jedes Jahr dabei waren schon langsam unruhig, denn der Heimweg wurde im gestreckten Galopp geritten.

Dieser Teil der Pferdeprozession blieb mir, der ich damals gerade 10 Jahre alt war besonders in Erinnerung. Die meisten Pferde waren damals schwere Kaltblüter, die normalerweise ihre Arbeit vor Pflug und Wagen zu verrichten hatten. Auch gehörte ein Sattel nicht zur Standartausrüstung. So wurde mit einer untergelegten Decke oder gleich auf dem blanken Pferderücken das Pferderennen gestartet. Unser bevorzugter Standplatz war damals vor „Lenzen Wilhelm“ seinem Haus, denn da überschätzte so mancher Reiter seine Reitkunst und musste unfreiwillig absteigen.  

     
  

Die Pferdeprozession wird nun wieder so groß gefeiert wie in den 50er Jahren, seit einigen Jahren sind auch Gespanne zugelassen. Wenn nun auch nicht mehr so viele Kaltblüter vertreten sind, so zeigt doch die Teilnahme der vielen Teilnehmer aus der Nachbarschaft, dem Sauerländer- und Waldeckerland, dass diese Tradition hoffentlich noch lange bleibt.

Mk07

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